Der Notartermin ist der Höhepunkt eines jeden Immobilienkaufs – und oft der stressigste Moment. Der Notar liest den Kaufvertrag vor, doch die Menge an juristischen Fachbegriffen kann überwältigend sein. Obwohl der Notar zur Neutralität und umfassenden Aufklärung verpflichtet ist, liegt es in Ihrer Verantwortung als Käufer, die richtigen, tiefgehenden Fragen zu stellen.
- Frage 1: Was deckt der Gewährleistungsausschluss?
- Frage 2: Wann ist der Kaufpreis ZENTRAL fällig?
- Frage 3: Welche Belastungen werden wirklich gelöscht?
- Frage 4: Wie ist das Inventar vertraglich definiert?
- Frage 5: Wer trägt die Kosten nach der Übergabe?
- Frage 6: Ist meine Grundschuldbestellung optimal formuliert?
- Frage 7: Welche Rücktrittsrechte hat der Verkäufer?
- Checkliste: Notartermin vorbereiten
- Quellen
Dieser Leitfaden bündelt die 7 essenziellen Fragen, die Sie zur Sicherung Ihrer Rechte als Käufer stellen müssen. Er dient Ihnen als Checkliste, um den Kaufvertrag vor der Unterschrift wirklich zu verstehen und teure Fehler zu vermeiden.
Frage 1: Was deckt der Gewährleistungsausschluss?
Beim Kauf von Bestandsimmobilien wird die Gewährleistung für Sachmängel fast immer ausgeschlossen ("gekauft wie gesehen"). Dieser Ausschluss ist weitreichend, aber nicht absolut (geregelt in § 433 ff. BGB).
- Der Ausschluss: Er schützt den Verkäufer vor Haftung für Mängel, die weder arglistig verschwiegen noch vertraglich zugesichert wurden.
- Die Ausnahme: Wenn der Verkäufer Mängel kannte und sie Ihnen arglistig verschwiegen hat, bleibt seine Haftung bestehen (§ 463 BGB).
"In welchen Formulierungen des Vertrags ist die Haftung des Verkäufers bei arglistig verschwiegenen Mängeln festgeschrieben, und ist diese Klausel eindeutig?"
Frage 2: Wann ist der Kaufpreis ZENTRAL fällig?
Die Fälligkeit ist der wichtigste Sicherheitsmechanismus für den Käufer. Der Kaufpreis darf nur dann gezahlt werden, wenn alle Vorkehrungen für Ihre spätere Eigentumsumschreibung getroffen wurden (Stichwort: Auflassungsvormerkung).
- Auflassungsvormerkung: Die Eintragung Ihrer Vormerkung im Grundbuch schützt Sie vor anderweitigem Verkauf.
- Lastenfreistellung: Der Notar muss bestätigen, dass alle zur Löschung notwendigen Unterlagen (z. B. für die alte Hypothek des Verkäufers) vorliegen.
- Fälligkeitsmitteilung: Erst wenn der Notar die Erfüllung aller Voraussetzungen bestätigt, erhalten Sie die Mitteilung und müssen zahlen.
Pro-Tipp: Achten Sie auf die Zahlungsfrist (oft 14 Tage nach Fälligkeitsmitteilung). Unterschätzen Sie nicht die Geschwindigkeit, mit der dieser Prozess nach der Beurkundung ablaufen kann.
Frage 3: Welche Belastungen werden wirklich gelöscht?
| Grundbuch-Abteilung | Inhalt | Status |
| Abteilung II | Lasten und Beschränkungen (z. B. Wegerechte, Nießbrauch) | Wird i.d.R. **teilweise** gelöscht/übernommen. |
| Abteilung III | Grundpfandrechte (Hypotheken, Grundschulden) | Muss für den Käufer **immer** gelöscht werden (Lastenfreiheit). |
Der Notar muss gewährleisten, dass die Immobilie in Abteilung III lastenfrei an Sie übergeht. Das bedeutet, dass die alten Schulden des Verkäufers nicht auf Sie übergehen können (Regelungen gemäß Grundbuchordnung - GBO).
"Welche Lasten aus Abteilung II (z. B. ein bestehendes Geh- und Fahrrecht) übernehme ich unwiderruflich und welche werden gelöscht?"
Frage 4: Wie ist das Inventar vertraglich definiert?
Bewegliches Inventar (Einbauküche, Sauna, Werkstattausrüstung, etc.) gehört nicht zur Immobilie und unterliegt daher nicht der Grunderwerbsteuer.
Lassen Sie sich die genaue Liste der im Kaufpreis enthaltenen Gegenstände zeigen und deren angesetzten Wert bestätigen. Ein realistischer Inventarwert senkt die **Bemessungsgrundlage** für die Grunderwerbsteuer legal ab.
- Klare Abgrenzung: Was bleibt im Haus, was nimmt der Verkäufer mit?
- Steueroptimierung: Ist der Wert des Inventars realistisch und als solcher im Vertrag ausgewiesen? (Siehe unseren Rechner und Spartipps).
Frage 5: Wer trägt die Kosten nach der Übergabe?
Der **Nutzen- und Lastenwechsel** regelt, ab wann Sie als Käufer wirtschaftlich für die Immobilie verantwortlich sind. Dies ist oft der Tag der Schlüsselübergabe, kann aber vertraglich abweichen.
- Nutzen: Sie dürfen das Objekt bewohnen oder vermieten.
- Lasten: Sie tragen die laufenden Kosten (Grundsteuer, Gebühren, Versicherung, Nebenkosten).
Stellen Sie sicher, dass der Nutzen- und Lastenwechsel an die **vollständige Kaufpreiszahlung** gekoppelt ist, um finanzielle Risiken zu minimieren.
Frage 6: Ist meine Grundschuldbestellung optimal formuliert?
Fast immer wird die Grundschuldbestellung für Ihre Finanzierung zeitgleich mit dem Kaufvertrag beurkundet. Sie ist technisch ein **separater Rechtsakt**.
Prüfen Sie: Enthält die Grundschuldbestellung die sogenannte **Zwangsvollstreckungsunterwerfung**? Diese ist für die Bank Standard, aber Sie sollten die Konsequenzen dieser weitreichenden Klausel verstehen. Klären Sie ab, ob es bei der Finanzierung zu einem "Gleichlauf" kommen soll (Kaufpreiszahlung erfolgt erst, wenn die Grundschuld eingetragen werden kann).
Frage 7: Welche Rücktrittsrechte hat der Verkäufer?
Ein Rücktrittsrecht ist im Kaufvertrag für Käufer unüblich und muss fast immer individuell vereinbart werden. Der Verkäufer hingegen sichert sich oft ab.
Das typischste Rücktrittsrecht des Verkäufers greift, wenn:
- Sie den Kaufpreis trotz Fälligkeit nicht bezahlen.
- Behördliche Vorkaufsrechte oder Genehmigungen verweigert werden.
Lassen Sie sich die genaue Regelung zu **Verzug und Rücktritt** erklären. Welche Kosten (Notar, Makler) tragen Sie, wenn Sie den Kaufpreis nicht fristgerecht zahlen können und der Verkäufer daraufhin zurücktritt?
Checkliste: Notartermin vorbereiten
Nutzen Sie diese Punkte als abschließende Vorbereitung, um entspannt in den Notartermin zu gehen:
- Entwurf frühzeitig lesen: Mindestens 14 Tage vor Termin erhalten (gesetzliche Frist gemäß § 17 Abs. 2a BeurkG).
- Finanzierungsbestätigung: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Bank die Darlehenszusage schriftlich und unwiderruflich bestätigt.
- Fragenkatalog erstellen: Schreiben Sie alle Unklarheiten (besonders die 7 oben genannten Fragen) auf.
- Notar-Kosten prüfen: Lassen Sie sich die voraussichtlichen Notar- und Grundbuchkosten vorab schätzen (Basis: GNotKG).
- Vollmacht klären: Falls eine Person Sie vertreten muss, klären Sie die Form und den Inhalt der Vollmacht frühzeitig.
Fazit
Der Notartermin ist eine Formsache, aber keine Kleinigkeit. Durch gezieltes Nachfragen zu Haftung, Fälligkeit und Lastenstellung sichern Sie Ihre Investition optimal ab. Ein gut vorbereiteter Käufer ist immer im Vorteil.
Quellen
Dieser Ratgeber basiert auf der Auswertung öffentlich zugänglicher Gesetzestexte:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Insbesondere §§ 311b, 433 ff., 463
- Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG): Regelung der Notar- und Gerichtskosten
- Grundbuchordnung (GBO): Regelungen zur Eintragung und Löschung von Rechten
- Beurkundungsgesetz (BeurkG): Formvorschriften für die notarielle Beurkundung
Die Informationen auf dieser Seite dienen lediglich der unverbindlichen, allgemeinen Information. Sie stellen keine Rechts-, Finanz- oder Steuerberatung dar. Wir übernehmen keine Gewähr für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität. Bei konkreten Fragen zu Ihrem Kaufvertrag raten wir dringend zur Konsultation eines Notars oder Rechtsanwalts.
